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Nachgefragt: Was an Krebsmythen dran ist

Zu Auslösern für Brustkrebs kursieren viele Gerüchte. Die Onkologin Jutta Hübner erklärt, was dran ist.

Krebsmythen

Zu Auslösern für Brustkrebs und Krebsrisiken kursieren viele Mythen und Halbwahrheiten. Die Onkologin Jutta Hübner hat geprüft, was an den Gerüchten dran ist.

Stress steigert das Risiko für Brustkrebs; mit Aluminiumsalzen versetzte Deos lassen Krebszellen wachsen, ebenso wie zu enge BHs oder solche mit Bügeln – zur Entstehung von Tumoren kursieren vor allem im Internet eine Menge Gerüchte. In unserem heutigen „Nachgefragt“ wollen wir wissen:

 

Was ist dran an diesen und anderen „Krebsmythen“?

„In der Regel nicht besonders viel“, sagt Jutta Hübner, Professorin für Integrative Onkologie am Universitätsklinikum Jena und Sprecherin der Arbeitsgruppe Prävention und Integrative Onkologie (PRiO) der Deutschen Krebsgesellschaft. „Das meiste sind tatsächlich nur Gerüchte, für die es keinerlei wissenschaftliche Belege gibt.“ Also schauen wir uns die Sache genauer an.

 

Entwickeln Frauen, die zu enge oder Bügel-BHs tragen, öfter Brustkrebs als andere?

„Nein“, stellt Hübner fest. Die These, dass ein zu enger oder ein BH mit Bügel Lymphbahnen abklemme und auf diese Weise verhindere, dass der Körper Stoffwechselschlacke abbaut und dadurch Krebs verursache, ist medizinisch nicht haltbar. Mit Schlacke (der Begriff stammt aus der Alternativmedizin) sind Giftstoffe gemeint, die wir über die Nahrung aufnehmen und die in der Regel nach Umwandlung in der Leber innerhalb weniger Stunden über Galle und Harn neutralisiert und ausgeschieden werden – ohne dem Körper zu schaden.

Aufschlussreich ist auch eine Studie, die 2014 in der amerikanischen Fachzeitschrift „Cancer Epidemiology, Biomarkers & Prevention“ erschien. Für diese wurden 1044 Frauen, die im Alter zwischen 55 und 74 Jahren an Brustkrebs erkrankt waren, und 469 gesunde Frauen der gleichen Altersgruppe zu ihren BH-Gewohnheiten befragt. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass „kein Aspekt des BH-Tragens“ irgendeinen Einfluss auf das Brustkrebsrisiko der Frauen gehabt hatte. 

Manche Patientinnen glauben auch, dass ihre Brustkrebserkrankung daher rühre, dass sie sich mal an der Brust gestoßen haben oder dass sie mit dem Stillen ihres Kindes zu früh aufgehört hätten, berichtet Hübner. „Hier werden aus Zufällen Zusammenhänge konstruiert“, erklärt die Onkologin. „Die Erklärungsmodelle helfen den Frauen zwar, die Frage nach dem „Warum ich?“ zu beantworten, wissenschaftlich haltbar sind sie jedoch nicht.“

 

Können bestimmte Diäten das Risiko für Brustkrebs reduzieren?

Auch hier lautet die Antwort nein. „Bislang gibt es tatsächlich keine Ernährungsweise, die das Krebsrisiko nachweislich senkt“, sagt Tumor-Expertin Hübner: „Worauf es am Ende ankommt, ist die Ausgewogenheit.“ Heißt: Viel Obst und Gemüse, tierische Fette in Maßen – statt Doppelrahm-Frischkäse darf es also auch mal der mit nur 20 Prozent Fett sein – und auch Steak und Schokolade muss es nicht jeden Tag geben.

Verzicht üben müssen wir allerdings nicht. Mit Ausnahme von drei Nahrungsmitteln: Fleisch oder Fisch, die mit Nitrit gepökelt wurden, Fleisch, das so lange auf dem Grill brutzelt, bis es schwarz ist, sowie Lebensmittel, an denen bereits der Schimmel sitzt.

Der Grund? „Das im Pökelsalz enthaltene Nitrit kann in Kombination mit bestimmten Eiweißstoffen (Aminen) sogenannte Nitrosamine bilden“, erklärt Onkologin Hübner, „organisch-chemische Verbindungen, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als krebserregend einstuft.“ Ähnlich ist es beim Grillen: Werden Fisch und Fleisch (sehr proteinreich) zu lange gebraten, löst dies eine Reihe chemischer Reaktionen aus. Dabei entstehen heterozyklische aromatische Amine (HAA) und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), zwei Stoffverbindungen, die das Erbgut verändern und Krebs erzeugen können – allen voran im Darm.

Chemisch bleibt es auch in Sachen Schimmel: „Der bildet Gifte, das sogenannte Mykotoxin und das Aflatoxin“, erklärt Hübner, „und auch die sind krebserregend.“ Da Schimmelpilze in der Regel viele feine Wurzeln haben, sollte man auch nicht nur die offensichtlich befallenen Stellen des Toasts oder Apfels abschneiden, sondern lieber ganz verzichten und das verschimmelte Essen in den Mülleimer befördern. „Bei Käsesorten wie Camembert, Brie oder Roquefort ist der Schimmel hingegen unbedenklich.“

    Unsere „Nachgefragt“-Expertin

    Steigert Stress das Risiko für Brustkrebs? Lassen mit Aluminiumsalzen versetzte Deos Krebszellen wachsen?

    Diesen und anderen Fragen wollen wir in unserer Reihe „Nachgefragt“ nachgehen. Zu jedem Thema laden wir einen anerkannten Experten ein, der Antworten auf häufig gestellte Fragen gibt.

    Unsere „Nachgefragt“-Expertin zum Thema Krebsmythen ist Jutta Hübner, Fachärztin für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Prävention und Integrative Onkologie (PRiO) der Deutschen Krebsgesellschaft mit den Schwerpunkten Prävention, Ernährung, körperliche Aktivität und Komplementäre Onkologie.

    Haben Sie selbst eine Frage? Dann senden Sie gerne eine E-Mail an: redaktion-amoenalife@amoena.com.

 

Lösen mit Aluminiumsalzen versetzte Deos Brustkrebs aus?

Die Vorstellung sei schon aus logischen Gründen absurd, so Onkologin Hübner. Die Aluminiumsalze sind dazu da, den Schweiß zu binden. „Das Einzige, was (hypothetisch) passieren kann, wenn ich ein solches Deo unter die Achseln sprühe, ist, dass die Aluminiumsalze in die Lymphbahnen gelangen“, erklärt Hübner: „Von dort werden sie allerdings nicht zur Brust hin, sondern dem Blutkreislauf entsprechend von der Brust wegtransportiert.“

Ganz ungefährlich ist das enthaltene Aluminium jedoch nicht: „Die Salze können Auswirkungen auf das Nervensystem haben“, berichtet die Onkologin – „trotzdem gibt es heute eigentlich nur noch Deos mit dem Etikett ‚aluminiumfrei’, da die Hersteller dem Druck durch die öffentliche Berichterstattung nachgegeben haben.“


Steigert Stress das Krebsrisiko?

„Nur, wenn wir dadurch einen ungesunden Lebensstil entwickeln“, stellt Hübner klar. Führt der Stress dazu, dass wir nur noch Fertigpizza essen, den inneren Druck durch Rauchen kompensieren, viel Alkohol trinken und uns kaum mehr bewegen, kann das den Körper für den Krebs angreifbarer machen. Aber, so Professorin Jutta Hübner: „Stress für sich genommen hat auf Krebszellen keine Wirkung.“


29. Januar 2018


Fotos:

Daring Wanderer/Stocksy
Universitätsklinikum Jena


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