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Mit Zitronen gegen Brustkrebs

Die Präventions-Kampagne „Know your Lemons“ will Frauen für Veränderungen in ihrer Brust sensibilisieren.

Mit Zitronen gegen Brustkrebs

Es gibt viele Symptome, die auf Brustkrebs hindeuten können – nicht nur den typischen, verdächtigen Knoten. Mit ihrer Kampagne „Know your Lemons“ will die Grafikdesignerin Corrine Ellsworth Beaumont Frauen für Veränderungen ihrer Brust sensibilisieren. In Deutschland stößt die Aktion jedoch auch auf Kritik.

Was haben Zitronen und Brustkrebs gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts. Aus Sicht der US-amerikanischen Grafikdesignerin Corrine Ellsworth Beaumont eine ganze Menge: Wie Brüste haben Zitronen Nippel und Poren; schneidet man sie auf, erinnert ihr Fruchtfleisch an Drüsengewebe und anhand ihrer Kerne lassen sich Tumore anschaulich beschreiben. In Sachen Social Media sind die Zitrusfrüchte den weiblichen Brüsten sogar überlegen: Auf Facebook und Twitter lassen sie sich unzensiert verbreiten.

Know your Lemons“ (dt. „Kenn deine Zitronen“) heißt die Internet-Kampagne mit der Beaumont auf das Thema Brustkrebs aufmerksam machen will und Frauen dazu aufruft, auf ihren Körper zu achten, um mögliche Symptome der Krankheit frühzeitig zu erkennen.

 

Zwölf Zitronen in einem Eierkarton erklären die Symptome

 

Die Kampagne hat Beaumont als Teil ihrer Doktorarbeit an der Buckinghamshire New University in High Wycombe, England, entworfen. Der Anstoß: Ihre beiden Großmütter waren an Brustkrebs gestorben, eine von ihnen bereits im Alter von 40 Jahren. Als Beaumont begann,  sich über ihr eigenes Erkrankungsrisiko zu informieren, und herausfinden wollte, wie sie sich selbst vor Brustkrebs schützen kann, fielen ihr zwei Dinge auf: Erstens waren die medizinischen Hintergründe schwer zu verstehen. Zweitens fehlten der Grafikerin konkrete Bilder, die erklärten, was die Krankheit konkret mit der Brust macht. In der Zitrone fand Beaumont dann ihre geeignete Metapher.

Anhand einer aufgeschnittenen Zitrone stellt Beaumont die Anatomie der Brust dar und erklärt, wie diese mit all ihren Milchgängen und Drüsen aufgebaut ist. Die Kerne stehen nicht nur für mögliche Tumore, sie vermitteln auch einen guten Eindruck davon, wie die Gewebsveränderungen sich anfühlen: „klein, hart und meist unbeweglich“ schreibt die Grafikerin. Die zwölf Zitronen im Eierkarton stehen für die verschiedenen Anzeichen, die auf Brustkrebs hinweisen können. Neben dem typischen Knoten sind das unter anderem vergrößerte Venen, Hautirritationen, das Austreten von Flüssigkeit, leichte Rötungen oder eine Hohlwarze, die Beaumont anhand einer eingedrückten Zitronenblüte illustriert.

Katrin Mugele von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) gefällt die Kampagne „Know your Lemons“ – die auf Facebook bereits fleißig gelikt wird – optisch gut. Sie hat jedoch Probleme mit der deutschen Übersetzung. So wird der Begriff „Tumor“ beispielsweise an einer Stelle mit „schlechtem Samen“ übersetzt. Dazu kommt ein handfester sachlicher Fehler: Die Kampagne rät jeder Frau ab 40, aus eigener Initiative zur Mammografie zu gehen. Durch das Screening könnten bösartige Geschwülste entdeckt werden, bevor sie zu ertasten sind oder die Brust äußerlich sichtbar verändern. „In Deutschland existiert jedoch ein organisiertes Einladungsverfahren, das Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre schriftlich zum Mammographie-Screening einlädt.“, erklärt Mugele. Studien haben gezeigt, dass vor allem Frauen dieser Altersspanne den größten Nutzen vom Mammographie-Screening haben. Die Kosten für die Untersuchung werden von den Krankenkassen getragen.

Mit Zitronen gegen Brustkrebs

 

Die Risiken der Mammografie werden nicht erwähnt

 

Ein anderes Problem ist, dass in der Initiative zwar fleißig für Früherkennungsmethoden wie das Selbstabtasten oder die Mammografie geworben wird, die Risiken der Untersuchung hingegen nicht genannt werden. Tatsächlich ist das Mammografie-Screening-Programm nicht unumstritten. Ein häufiger Kritikpunkt ist etwa, dass durch das Screening oft auch Tumore erkannt und behandelt werden, die gutartig sind. Ärzte sprechen in diesem Zusammenhang von „Überdiagnosen“.

Für Mugele sind solche visuellen Aufklärungskampagnen vor allem für Länder geeignet, „in denen koordinierte Programme zur Brustkrebsfrüherkennung fehlen, der Zugang zur medizinischen Versorgung schlecht ist oder gesellschaftliche Tabus den offenen Umgang mit dem eigenen Körper erschweren.“ Die Infos der Kampagnen müssten also gezielt auf die Gesundheitssysteme der jeweiligen Länder abgestimmt werden.

Damit „KnowyourLemons“ auch Menschen ohne Internetzugang erreicht, werden Beaumonts Grafiken deshalb beispielsweise nicht nur auf Facebook und Twitter gestreut, sondern auch als Lehr- und Aufklärungsmaterial eingesetzt – etwa in Indien, Japan, Syrien oder dem Inselstaat Samoa. Gemeinsam mit der Metastatic Breast Cancer Alliance entwickelt Beaumont nun außerdem Illustrationen, um Frauen mit Brustkrebs die Diagnose und die darauffolgenden Behandlungsschritte besser zu erklären.

 

Die meisten Knoten sind harmlos

 

Dass auch in Europa mehr Aufklärung guttut, zeigt eine Untersuchung der gemeinnützigen britischen Organisation BreastCancer Care. Demnach wussten zwar 96 Prozent der Befragten, dass ein Knoten in der Brust auf Krebs hindeuten kann, allerdings war gerade einmal jeder vierten Frau bekannt, dass auch eingezogene Brustwarzen ein Symptom sein können.

Vielleicht trägt das Motiv der Zitrone dazu bei, Frauen weltweit die Scheu zu nehmen, sich mit dem Thema Brustkrebs auseinanderzusetzen. Denn in neun von zehn Fällen sind die Knoten in der Brust harmlos. Und: Je früher ein Tumor erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen.

27. Juli 2017

Fotos: Worldwide Breast Cancer