Skip to main content
Skip to main content
Warenkorb
Suche
Land

Schwerbehinderten-Ausweis: Wer bekommt ihn und warum?

Wer Brustkrebs hatte, kann beim Versorgungsamt einen Antrag auf Schwerbehinderung stellen. Ein Ratgeber.

Zurück

Schwerbehindertenstatus. Wer bekommt ihn und warum?

Wenn Sie Brustkrebs hatten, können Sie beim zuständigen Versorgungsamt (Ortsverzeichnis der zuständigen Versorgungsämter, zur Verfügung gestellt vom Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie) einen Antrag auf Schwerbehinderung stellen. Mit dem Schwerbehindertenausweis – diesen wirklich nicht schönen Begriff sollten Sie am besten ignorieren – können Sie sich gegenüber Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern und Behörden als schwerbehinderter Mensch ausweisen und einen Teil der rechtlichen und finanziellen Nachteile auffangen, die Ihnen durch die Krebserkrankung entstanden sind.

Vorab: Ihnen werden möglicherweise zwei „Graduierungssysteme“ begegnen – in der Regel ist es der „Grad der Behinderung“ (GdB), manchmal aber auch der „Grad der Schädigungsfolgen“ (GdS). Beide werden nach denselben medizinischen Grundsätzen in Zehnerschritten gemessen und oft synonym verwendet. Es gibt nur einen Unterschied: Der GdS bezieht sich auf eine ganz bestimmte Ursache, der GdB ist hingegen ursachenunabhängig und bezieht in seine Bewertung alle vorliegenden Beeinträchtigungen mit ein. Für die Feststellung Ihres Status im Sozial- beziehungsweise Behindertenrecht gilt der GdB.

Über den Behinderungsgrad wird individuell entschieden. Eine Mastektomie kann den Schweregrad erhöhen, ein Wiederaufbau der Brust führt meist zu einer Reduzierung. Als „schwerbehindert“ gelten Menschen mit einem GdB von 50 oder mehr. Menschen mit einem GdB von weniger als 50 bekommen keinen Schwerbehindertenausweis – und damit fallen einige der weiter unten aufgeführten Vorteile weg. Wichtig: Bei einem GdB von 30 oder mehr können sie aber Menschen mit Schwerbehinderung gleichgestellt werden. Ansprechpartner für die Gleichstellung ist in der Regel die Agentur für Arbeit.

Wie hoch ist der Grad der Behinderung?

Eine pauschal anzusetzende Höhe nach einer Brustkrebserkrankung gibt es nicht. Der Grad richtet sich daher nach den konkreten Folgen.

Schwerbehindertenstatus. Wer bekommt ihn und warum?

Schwerbehindertenstatus. Wer bekommt ihn und warum?

Bei den Zahlen handelt es sich um Richtwerte und sie beziehen sich nur auf organische Leiden. Sollten Sie zusätzliche Beeinträchtigungen haben, etwa eine Störung der Nerven als Nebenwirkung der Chemotherapie, ein Lymphödem oder eine Depression, sollten Sie diese daher ebenfalls bei der Antragsstellung angeben. Hatten Sie einen Wiederaufbau, sollten Sie bei in dem Antrag auch das Ergebnis vermerken: Sind die Brüste symmetrisch? Gab es eine Kapselfibrose? Wird die Brust mit Eigengewebe wiederaufgebaut, reduziert dies in der Regel den Grad der Behinderung. Liegen mehrere Behinderungsgründe vor, werden Einzelgrade nicht einfach zusammengezählt, sondern die Auswirkungen werden in ihrer Gesamtheit bewertet, ebenso ihre wechselseitigen Beziehungen untereinander.

Wie lange gilt die Einstufung?

Unmittelbar nach Ihrer Brustoperation lassen sich oft noch keine klaren medizinischen Prognosen abgeben, deshalb wird in der Regel zunächst eine Behinderung mit einem GdB von 50 für eine Dauer von fünf Jahren anerkannt (Heilungsbewährung). Bei Brustkrebs, der lediglich in der obersten Hautschicht oder in den Milchgängen auftrat und noch nicht in andere Gewebsstrukturen gestreut hat, gilt die Einstufung meist nur zwei Jahre lang. Nach der Zeit der Heilungsbewährung können Sie prüfen lassen, inwieweit eine Heilung eingetreten ist.

Schwerbehindertenstatus. Wer bekommt ihn und warum?

Geht es Ihnen nach der Heilungsbewährung nicht besser oder hat sich Ihr Zustand verschlechtert, können Sie einen sogenannten „Verschlechterungsantrag“ stellen. In diesem Fall kann die Anerkennung nach erneuter Prüfung verlängert werden; gegebenenfalls wird der GdB angepasst. Der gemeinnützige Verein Mamazone hat hierfür eine Briefvorlage erstellt, die Ihnen die Antragstellung erleichtert – den sogenannten Erste-Hilfe-Brief Schwerbehinderung.

Welche Vorteile bringt ein Behindertenausweis?

Als Schwerbehinderte stehen Ihnen je nach Höhe des GdB verschiedene im Schwerbehindertengesetz festgelegte Vergünstigungen zu. Dazu zählen:

  • Nachteilsausgleiche im Beruf – etwa durch einen besonderen Kündigungsschutz oder zusätzliche Urlaubstage
  • Vergünstigungen bei Bus-, Bahn-, Zug- und Fährfahrten
  • das Nutzen von Fahrdiensten – etwa von Krankenkassen oder örtlichen Wohlfahrtsverbänden
  • Steuererleichterungen – beispielsweise lassen sich Pflege- und Kfz-Kosten als „außergewöhnliche Belastungen“ absetzen
  • ein Zuschuss zum Wohnen (Wohngeld)

Wie läuft die Antragstellung ab?

Antragsformulare für einen Schwerbehindertenausweis erhalten Sie beim zuständigen Versorgungsamt. Viele Bundesländer bieten die Antragsformulare auch online an; eine Übersicht bietet das Portal einfach teilhaben.

Das Versorgungsamt fordert im Allgemeinen zusätzliche Unterlagen von den angegebenen Ärzten, Kliniken und Trägern der Sozialversicherung an und erstellt auf Grundlage der mitgeteilten Befunde einen Feststellungsbescheid.

Tipp: Um den Schwerbehindertenstatus beim Arbeitgeber nachzuweisen, sollten Sie den Schwerbehindertenausweis verwenden und nicht den Bescheid des Versorgungsamtes. Im Feststellungsbescheid sind nämlich die Erkrankungen und Behinderungen genau aufgelistet – im Schwerbehindertenausweis ist lediglich der Grad der Behinderung eingetragen.

Wer hilft bei der Antragstellung?

Krebsberatungsstellen unterstützen Sie beim Ausfüllen der Formulare. Viele von ihnen bieten auch telefonische Beratungen an.

Tipp: Geben Sie bei der Antragsstellung nicht nur die Grunderkrankung an, sondern auch alle weiteren Begleiterscheinungen. Schicken Sie von Anfang an alle vorhandenen ärztlichen Unterlagen mit. Das beschleunigt die Bearbeitung des Antrages und unterstützt die korrekte Feststellung des GdB/GdS.

 

26. Juli 2017

Quelle „GdS-Tabelle“: Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) – Versorgungsmedizinische Grundsätze, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Stand: September 2015
Bild: Shutterstock.com / Sandy Braun